In der Zeit, vom 31. Juli bis 4. August 2023, werden interessierte Teilnehmer (Wissenschaftler, Institutionen, Gemeinde- und Regierungsvertreter, lokale Bevölkerung, Nichtregierungsorganisationen, Unternehmer und Privatpersonen) aus 11 europäischen Ländern das Oderdelta im Rahmen der vierten, von der Coalition Clean Baltic (CCB) in Zusammenarbeit mit Rewilding Oder Delta (ROD) organisierten, internationalen Flussuniversität besuchen. Am Beispiel der Oder und mit Schwerpunkt auf Wasserverschmutzung und Risikomanagement werden die Teilnehmer die Auswirkungen des Zustands des Flusses auf die Ostsee sowie die Folgen des Klimawandels auf die Gewässer in ihrem Einzugsgebiet untersuchen.
Die Notwendigkeit der Wiederherstellung
Im Jahr 2022 erlebte die Oder, deren Einzugsgebiet sich über Polen, Deutschland und die Tschechische Republik erstrecktz, das schlimmste Szenario einer Umweltkatastrophe von europäischem Ausmaß, verursacht durch anthropogene Verschmutzung. Auch heute noch weist die Oder einen hohen Salzgehalt und eine hohe Leitfähigkeit auf. Salzwasser Einleitungen stellen eine ständige Bedrohung dar, und die giftigen Goldalgen Prymnesium parvum sind immer noch nachweisbar. An zahlreichen Flussabschnitten werden weiterhin verendete Fische beobachtet, so das unter diesen Umständen eine Regeneration des Gewässers kaum möglich erscheint.
„Die Wiederbelebung der Oder ist nur ganzheitlich möglich. Wir brauchen einen Ansatz, der von der Quelle bis zum Meer reicht und ein Bewusstsein dafür, das gesunde Flüsse die Grundlage für einen guten Umweltzustand der Ostsee sind. Nachhaltige Nutzung und langfristige Maßnahmen zum Schutz der Flüsse und ihrer Einzugsgebiete sind die einzigen vernünftigen Ansätze für die Wiederherstellung unserer Flussökosysteme. Es ist eine Tatsache, dass naturnahe Flüsse eine größere Selbstreinigungskraft haben und ihren Nutzern vielfältige Ökosystemleistungen (z.B. Hochwasserschutz, Erholung, Trinkwasser, nachhaltigen Fischfang) bieten“, sagt Peter Torkler, Geschäftsführer von Rewilding Oder Delta und Mitorganisator der diesjährigen Flussuniversität.
Schutzpläne für die Untere Oder
Das Konzept eines grenzüberschreitenden Schutzgebiets für die Untere Oder und ihr Tal wurde bereits vor Jahrzehnten entwickelt. Heute wird diese Initiative immer noch als notwendig und erwünscht angesehen, da sie der Gesundheit des Flusses und der Wirtschaft der Region zugute kommen wird. Die polnischen Bürger des Oderbeckens haben diese Bemühungen mit der Initiative des Nationalparks Unteres Odertal erneuert. Bereits in den 1990er Jahren wurde im deutschen Teil dieses Gebietes ein Nationalpark geschaffen.
Während der Flussuniversität unternehmen die Teilnehmer eine Kanutour in der Umgebung des bestehenden Nationalparks auf der deutschen Seite der Grenze und eines geplanten Nationalparks in Polen, um die Ökologie des Flusses aktiv zu erleben und über die Nutzung und den Schutz der natürlichen Ressourcen und die Risiken durch Wasserverschmutzung zu diskutieren.
Von der Oder ins Haff – Gewässerökologie in der Praxis
Am Donnertag werden die Teilnehmer in Ueckermünde gemeinsam mit der Maritimen Station ZERUM Gewässerökologische Untersuchungen an Stettiner Haff und Uecker machen. Mit Experten aus dem Teilnehmerkreis und dem Team des Zerum werden Wasserproben und Wasserlebewesen vom Boot aus untersucht und direkt vor Ort analysiert. Das Stettiner Haff mit direkter Anbindung zur Oder und Ostsee ist ein extrem sensibler Lebensraum, enorme Schwankungen in der Salinität, hohe Wassertemperaturen machten das Haff schon immer anfällig für Algenblüten. Das Wissen der Experten zum Zustand der Meeresfauna im Haff ist enorm wichtig, damit frühzeitig Gefahren erkannt und abgewendet werden können, auch um die Bevölkerung für die in Bedeutung gesunder und sauberer Gewässer zu sensibilisieren.
Stakeholder und Flusspraktiker zusammenbringen
Die 2018 von Ewa Leś ins Leben gerufene CCB Flussuniversität wird in diesem Jahr von Rewilding Oder Delta mitorganisiert. Der Kurs wird verschiedene Flusspraktiker für fünf Tage zusammenbringen und bietet spannende Workshops mit Vorträgen und Praxis Anwendungen. Das Programm umfasst Präsentationen und Aktivitäten, die von führenden europäischen Akademikern und Fachleuten geleitet werden. Unter anderem wird der aktualisierte „Internationale Warn- und Alarmplan für die Oder“ aufgrund seiner Bedeutung für das gesamte Odereinzugsgebiet mit Blick auf das Warn- und Kommunikationssystem hin analysiert. Können sich Einwohner sicher und gut informiert fühlen, wenn sich eine ähnliche Katastrophe wiederholen sollte?
Die Veröffentlichung der neuen CCB-Studie „Die größten Herausforderungen der Wasserwirtschaft im Ostseeraum“ wird erstmalig präsentiert. Sie zeigt wie positive Veränderungen in der integrierten nachhaltigen Wasserwirtschaft in den Ländern des Ostseeraums gefördert werden können.
„Es besteht ein großer Bedarf an aktuellem, angewandtem Wissen über Flussökosysteme und nachhaltige Praktiken der integrierten Wasserwirtschaft. Die Flussuniversität vermittelt dieses Wissen auf praktische und sektorübergreifende Weise, ohne dabei den Kontakt zum Fluss und seinem Tal zu verlieren“, sagt Ewa Leś, Gründerin der Flussuniversität und Leiterin des CCB-Arbeitsbereichs Eutrophierung.