Zwischen Dünen, Wellen und Wildnis – Sandlebensräume gemeinsam schützen

August 8, 2025

Gelungener Fachworkshop von Rewilding Oder Delta: Neue Impulse für die Wiederherstellung dynamischer Küstenlandschaften. Rund 35 Vertreter*innen aus Behörden, Wissenschaft, Tourismus, Naturschutz und Landnutzung kamen auf Einladung von Rewilding Oder Delta e.V. zu einem zweitägigen Workshop auf der Insel Poel und bei Kühlungsborn zusammen. Ziel war es, konkrete Empfehlungen für die Wiederherstellung und den Schutz von Sandlebensräumen wie Stränden, Dünen und Sandbänken an der Ostseeküste zu entwickeln. Im Zentrum standen die Vereinbarkeit von Naturschutz und – insbesondere touristischer – Nutzung sowie das frühzeitige Einbinden lokaler Akteure – ein zukunftsweisender Beitrag zur Umsetzung europäischer Renaturierungsziele.

Exkursion an den Strand im Naturschutzgebiet Riedensee
Laura Meinecke / Rewilding Oder Delta

Dynamische Lebensräume mit großer Bedeutung

Sandlebensräume wie Strände und Dünen oder auch ständig von Wasser überspülte Sandbänke zählen zu den artenreichsten, aber auch empfindlichsten Lebensräumen der Ostseeküste. Sie bieten spezialisierten Pflanzen und Tieren einen Rückzugsraum und schützen durch ihre natürliche Dynamik die Küste vor Erosion. Gleichzeitig sind sie stark vom Tourismus und dem Klimawandel geprägt – was den Schutz und die Wiederherstellung dieser Ökosysteme besonders herausfordernd macht.

 

Natur erleben: Exkursion zum Riedensee

Der Workshop begann mit einer Exkursion in das Naturschutzgebiet Riedensee bei Kühlungsborn, geführt von einem Vertreter des NABU Mittleres Mecklenburg. Die Teilnehmenden konnten sich direkt vor Ort ein Bild von der ökologischen Vielfalt machen: kleinste Insekten und Krebstiere, die in Wohnröhren im Boden leben; hochspezialisierte Pflanzen, die mit der Dynamik von Wind und Wellen zurechtkommen müssen; bedrohte Seevogelarten, die ihre Eier gut getarnt im Sand ablegen – die Natur ist hier oftmals erst auf den zweiten Blick zu entdecken. Das macht sie empfindlich für Beeinträchtigungen und Trittschäden, z.B. durch Strandspaziergänger und im Sommerhalbjahr auch Badegäste. Dieses schützenswerte Miteinander von Strand, Dünen, Brackwasserröhricht und Strandsee lockt nicht nur eine vielfältige Vogelwelt an, sogar auch Fischotter sind hier zu Gast.

Besonders eindrücklich: das Konzept der „Strandinseln“ – temporäre Schutzbereiche für die sensible Brutzeit, die hier vor allem für Sandregenpfeifer und Zwergseeschwalben eingerichtet werden. Dort entsteht für sandbrütende Vogelarten ein ungestörter Rückzugsraum. Innerhalb weniger Monate kann sich zudem die natürliche Vegetation regenerieren, da gleichzeitig auch sensible Pionierpflanzen geschützt werden.

Blick über die Düne
Laura Meinecke / Rewilding Oder Delta

Fachlicher Austausch trifft praktisches Wissen

Im Anschluss und am zweiten Workshoptag standen Fachvorträge und Diskussionen im Mittelpunkt. Thematisch reichte das Spektrum von touristisch genutzten Stränden mit schützenswerten Dünenpflanzen sowie seltenen und/oder bedrohten Seevogelarten bis hin zu marinen Sandlebensräumen wie ständig überspülten Sandbänken Die Vorträge zeigten, wie Schutz, Wiederherstellung und Nutzung in Einklang gebracht werden können – mit positiven Beispielen aus verschiedenen Regionen.

Ein zentrales Thema war die Einbindung von Freiwilligen und Bürger*innen in Maßnahmen wie Dünenschutz – als niedrigschwelliger, aber wirkungsvoller Ansatz, der Akzeptanz schafft und Bewusstsein fördert.

Workshop Gruppenarbeit zur Entwicklung von Handlungsempfehlungen
Andreas Essenberger / Rewilding Oder Delta

Frühzeitig gemeinsam planen – für nachhaltige Wirkung

Passive Schutzmaßnahmen wie Strandinseln sind effektiv, einfach umsetzbar und stoßen auf breite Akzeptanz – gerade, wenn sie gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung und Gästen entwickelt werden“, so Ulrich Stöcker, Geschäftsführer von Rewilding Oder Delta e.V.. „Auch aktive Renaturierungsmaßnahmen – etwa mit Freiwilligen – bieten großes Potenzial, um Sandlebensräume resilient zu machen gegenüber der Klimaerhitzung und dem steigenden Nutzungsdruck.“

Die Teilnehmenden diskutierten Chancen und Grenzen dieser Maßnahmen und formulierten zentrale Empfehlungen für die Planung und Umsetzung von Wiederherstellungsprojekten – auch vor dem Hintergrund der neuen EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur.

 

Jetzt herunterladen: Faktenblatt zum Thema Sandlebensräume

Rewilding Oder Delta e.V. hat im Rahmen des Workshops ein kompaktes Faktenblatt über Sandlebensräume, ihre Wiederherstellung und deren Vorteile erstellt, das  die wichtigsten Aspekte auf anschauliche Weise zusammenfasst.

Die Ergebnisse des Workshops fließen zudem in die Entwicklung von konkreten Handlungsempfehlungen für die Wiederherstellung solcher und ähnlicher Lebensräume in und an der Ostsee ein. Diese bieten Entscheidungsträger*innen, Praktiker*innen und Interessierten eine Basis für die erfolgreiche Planung und erste Schritte zur Umsetzung von Wiederherstellungsmaßnahmen sowie Schutzmaßnahmen wie die Einrichtung von Strandinseln.

 

Faktenblatt herunterladen

 

Hintergrund zum Projekt

Der Workshop ist Teil des Projekts „Vorteile der Wiederherstellung von marinen Ökosystemen und deren Leistungen an der deutschen Ostsee“, das durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesumweltministeriums (BMUKN) gefördert wird. Ziel ist es, die Expertise verschiedenster Interessengruppen in die Planung von Renaturierungsmaßnahmen einzubinden und den ökologischen wie wirtschaftlichen Wert dieser Lebensräume sichtbar zu machen. Die öffentliche Projektabschlusskonferenz findet vom 22.bis 24. September 2025 im Ozeaneum in Stralsund statt. Mehr Informationen dazu findet ihr hier.

Rewilding Oder Delta e.V. engagiert sich grenzübergreifend für die Wiederherstellung natürlicher Lebensräume rund um das Stettiner Haff und an anderen Stellen der Ostseeküste – zu Wasser und zu Land. Der Verein verknüpft praktischen Naturschutz mit naturfreundlicher Wirtschaft und setzt auf aktive Beteiligung der Menschen vor Ort – für ein lebendiges, widerstandsfähiges Ökosystem Ostsee.

Der interaktive Workshop zum Thema Sandlebensräume ist der dritte der Reihe von insgesamt vier Workshops zu den vier wichtigsten Ökosystem in und an der Deutschen Ostsee (Salzgrasländer, Steinriffe und Seegraswiesen)

Text: Ulrike Frenzel, Katrin Wollny-Goerke, Laura Meinecke
Redaktion: Ulrike Frenzel

  • Dieses Feld dient zur Validierung und sollte nicht verändert werden.