Warum sind Beutegreifer essenziell für ein gesundes Ökosystem? Können diese Arten mit Menschen zusammenleben? Welche Schritte sind notwendig, um potenzielle „Interessenskonflikte“ zu vermeiden? Diesen Fragen widmete sich der zweitägige Workshop „Für eine gemeinsame Landschaft: Menschen, Luchse, Wölfe“, der am 22. und 23. November 2024 im Grenzübergreifend arbeitenden Zentrum für Umweltbildung in Zalesie stattfand. Die Veranstaltung wurde von Rewilding Oder Delta e.V. und Praca Przyrodnika Sp. z o.o. organisiert.
Die Rückkehr der Wildtiere
Große Beutegreifer waren einst weit verbreitet auf dem europäischen Kontinent, doch ihre Bestände sind über die Jahrhunderte drastisch geschrumpft. Zu den Arten, die in Deutschland zeitweise ausgerottet wurden, zählen Luchs und Wolf – zentrale Bestandteile des gesunden Ökosystems. Beide spielen eine entscheidende Rolle bei der Regulierung von Pflanzenfresser-Populationen und tragen so zur Schaffung vielfältiger Lebensräume bei.
Dank Rewilding-Maßnahmen – wie der Wiederherstellung natürlicher Prozesse, der Wiederansiedlung von Arten und Bildungsinitiativen – kehren diese Raubtiere schrittweise in ihre angestammten Lebensräume zurück. Ein essenzieller Bestandteil dieser Bemühungen ist der Dialog zwischen Wissenschaft, Behörden und lokalen Gemeinschaften, um ein harmonisches Zusammenleben zu ermöglichen.
Sylwia Rylowska / Rewilding Oder Delta
Kooperationen und Wissensaustausch
Im Rahmen der langjährigen Zusammenarbeit mit der Westpommerschen Naturgesellschaft (ZTP), die sich für die Wiederansiedlung des Luchses im Oderdelta einsetzt, organisierte das Team von Rewilding Oder Delta e.V. (ROD) gemeinsam mit Praca Przyrodnika Sp. z o.o. den Workshop. Die zweitägige Veranstaltung bot wertvolle Einblicke in die Ökologie von Luchs und Wolf und stellte Wege zur Minimierung von Konflikten zwischen Mensch und Wildtier vor.
Krzysztof Adamczak, Vertreter der Regionaldirektion für Umweltschutz in Stettin, erklärte Schritt für Schritt die Verfahren zur Schadensregulierung und gab praktische Hinweise zum Umgang mit Wolfsproblemen. Heiner Schumann vom Institut für Waldökosysteme in Eberswalde stellte präventive Maßnahmen aus Deutschland vor, darunter Beratungsdienste zur Sicherung von Viehweiden und finanzielle Unterstützung für Schutzmaßnahmen.
Sylwia Rylowska / Rewilding Oder Delta
Luchse in der Landschaft
Die Rückkehr des Luchses nach Nordwestpolen ist den Maßnahmen von ZTP seit 2019 zu verdanken. Seit 2022 ist ROD Partner dieser Bemühungen und arbeitet derzeit an den Zielen des EU-finanzierten LIFE-Programms „Ausweitung des Luchsbestands in Nordpolen“.
Am zweiten Workshoptag stand die Wiederansiedlung des Luchses im Mittelpunkt. In Westpommern bieten günstige natürliche Bedingungen – darunter große Waldgebiete, ein vielfältiges Landschaftsmosaik, gute ökologische Korridore und ausreichend Beute – ideale Voraussetzungen für die erfolgreiche Rückkehr der Art.
Dr. Aleksandra Kraśkiewicz von ZTP betonte die Bedeutung der Überwachung der Luchse mittels GPS-Halsbändern: Das Tracking liefert uns zahlreiche Informationen über das Verhalten der Tiere und darüber, ob sie sich menschlichen Siedlungen nähern, um nach Nahrung zu suchen. Dies ist entscheidend, um Konflikte zu minimieren.
Sylwia Rylowska / Rewilding Oder Delta | Neil Aldgridge / Rewilding Europe
ZTP führt Schulungen für Feldmitarbeiter, u.a. für die von ROD, durch. Daraus entstehen Interventionsgruppen entlang der polnisch-deutschen Grenze. Diese Teams überwachen die Bewegungen der Luchse, fangen Tiere ein, um sie zu untersuchen oder Tracking-Halsbänder zu erneuern, transportieren verletzte Tiere zur Behandlung und entscheiden über das weitere Vorgehen bei problematischen Individuen.
Mehr als nur Vorträge
Der Workshop beinhaltete auch multimediale Präsentationen wie „Wölfe des Wkrzańska–Waldes und des Odertals“, mit beeindruckenden Aufnahmen von Sylwia Rylowska, Fernando Schmidt und Lech Jędras. Dank zahlloser Stunden, die die Fotografierenden zur Beobachtung der Wölfe in der Natur verbrachten, erhielten die Teilnehmenden einen faszinierenden Einblick in das Leben der scheuen Tiere in freier Wildbahn.
Ein geführter Waldspaziergang bildete den Abschluss des Workshops und bot den Teilnehmenden die Möglichkeit, die vielgestaltige, postglaziale Landschaft zu erleben. Es wurde ein Raum geschaffen, um Eindrücke auszutauschen, Fragen zu stellen und wertvolle Kontakte zu knüpfen. Zudem demonstrierten ZTP-Mitarbeitende den Umgang mit Geräten zum Aufspüren der besenderten Luchse, was den Alltag der Feldbiologen und –biologinnen greifbar machte.
Sylwia Rylowska / Rewilding Oder Delta
Der Weg nach vorne
Die Veranstaltung wurde sowohl von institutionellen Vertretern und Vertreterinnen als auch von lokalen Bewohnern und Bewohnerinnen mit Begeisterung aufgenommen. Sie vermittelte wertvolles Wissen, förderte den grenzübergreifenden Dialog und unterstrich die Bedeutung großer Beutegreifer für das ökologische Gleichgewicht.
Die Organisatoren und Organisatorinnen des Workshops und ihre Partner planen, ähnliche Initiativen fortzuführen, um das Verständnis für Wiederansiedlung und die gemeinsame Landschaft von Mensch, Luchs und Wolf weiter zu stärken.
Veranstalter:
Partner:
Unterstützer:
- Ehrenamtliche, administrative Unterstützung: Wojewoda Zachodniopomorski
- Unterstützung: Regionalna Dyrekcja Ochrony Środowiska w Szczecinie
- Unterstützung: Starostwo Powiatowe w Policach
- Mediale Unterstützung: Miesięcznik „Dzikie życie“
Basierend auf: „Ludzie, rysie, wilki – spotkanie edukacyjne w duchu rewilding“ von Sylwia Bryniarska und Agnieszka Soboń
Inhaltliche Beratung: Wiebke Brenner
Der Workshop ist Teil des Projekts LIFE22-NAT-PL-LIFE LYNX PL LT DE „Ausweitung des Luchsbestands in Nordpolen“, kofinanziert von der Europäischen Kommission.