Das Rewilding Oder Delta Gebiet umfasst eine Fläche von 450.000 Hektar, wovon 70.000 Hektar die Wasserflächen des Stettiner Haffs ausmachen. Unsere Arbeit fokussiert sich auf die Kerngebiete Peenemündung und Ueckermünder Heide, die Flüsse Ina und Gowienica, die umliegenden Waldgebiete der Gollnower Heide (Puszcza Goleniowska) und die Offenlandschaften rund um das Stettiner Haff. Mit neuen Projekten weiten wir unsere Aktivitäten zunehmend auf die Insel Usedom, das Swine-Delta und den Camminer Bodden mit dem Rozwarowo Moor aus.
Unterstützt von
Die Tieflandflüsse des Oderdeltas bilden natürliche Auenlandschaften mit einer Fülle von Torf- und Moor gebieten. In Verbindung mit den Flusseinzugsgebieten stellen diese Landschaften eine lokale Besonderheit mit hoher Bedeutung für den regionalen Wasserhaushalt dar.
Wie viele andere europäische Flüsse wurden die meisten Gewässer im Oder Delta Gebiet weitgehend begradigt, sind von zahlreichen technischen Bauwerken flankiert und haben dadurch ihre natürlichen Strukturen verloren. Die verschiedenen Nutzungsformen als auch die klimatischen Bedingungen haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Wir stehen heute vor der Herausforderung, unsere Flüsse an die aktuellen Bedürfnisse anzupassen und gleichzeitig die Ökosystemleistungen wiederherzustellen.
Was wir tun
Mit Unterstützung der Baltic Sea Conservation Foundation und der European Outdoor Conservation Association arbeiten wir an der Wiederherstellung der natürlichen Morphologie des Flusses Ina und am Schutz der Laichgebiete für Wanderfische. In enger Zusammenarbeit mit den Landbesitzern wollen wir auch die Fläche der Schutzgebiete vergrößern. Dank der Beteiligung der lokalen Bevölkerung und von Freiwilligen führen wir Flusssäuberungsaktionen und Baumpflanzungen durch. All diese Maßnahmen verringern durch die Verbesserung der Selbstreinigungskraft die Verschmutzung des Flusses und verbessern gleichzeitig den Zustand der gefährdeten Lebensräume und Arten.
Gemeinsam mit dem NABU und der Ostseestiftung stellen wir den Mäander wieder her, der einst durch einen begradigten Flusslauf für die Schifffahrt auf der Uecker ersetzt wurde. Dies führte zu einer Verringerung des Abflusses und verstärkte die natürlichen Verlandungsprozesse. Dem wollen wir entgegenwirken, indem wir den verlandeten alten Mäander wiederherstellen und so die Entwicklung eines strukturreichen, naturnahen Flussbettes ermöglichen. Diese Maßnahme wird von der Deutschen Postcode Lotterie unterstützt.
In Zusammenarbeit mit unserem Partner Freunde der Ina und Gowienica Flüsse (TPRIiG) führten wir eine praktische Aktion durch, bei der wir die alten künstlichen Gräben mit Kies verschlossen haben. Auf diese Weise können sowohl das Wasser aus dem Quellbecken als auch das von den umliegenden Wiesen gespeicherte Regenwasser den Fluss Gowienica wieder langsam speisen und seine Widerstandsfähigkeit gegenüber Dürreperioden erhöhen.
Die Mosaiklandschaft des Oderdeltas, die durch Moore, Flüsse, Auen, Grünland, Buchen- und Kiefernwälder gekennzeichnet ist, beherbergt viele Arten, die in ihrer Vernetzung einen faszinierenden Hotspot der Biodiversität bilden. Arten, die aufgrund der Verfolgung durch den Menschen jahrzehntelang lokal ausgestorben waren, erleben dank der Schutzbemühungen ein großes Comeback.
Biber leben in den Flüssen und stellen ihre ökosystemtechnischen Fähigkeiten zur Verfügung, wodurch sie einen Lebensraum für gefährdete Feuchtgebietsarten schaffen. So beherbergt ein überschwemmtes Waldgebiet die höchste Dichte an Seeadler-Brutpaaren in der EU. Wölfe durchstreifen die Wälder und sorgen für ein Gleichgewicht der Populationen der Pflanzenfresser, die ihrerseits durch Beweidung wesentlich zum Mosaikcharakter der Landschaft beitragen. Elche, Wisente und Luchse aus dem Osten Polens wandern in den Westen ein und erweitern ihr Verbreitungsgebiet.
Eine gemeinsame Landschaft von Mensch und Tier
Während die oben genannten Arten dank des gesetzlichen Schutzes und/oder des verringerten Jagddrucks auf dem Vormarsch sind, bleibt die Hauptbedrohung bestehen: Die menschliche Infrastruktur führt zu einer Fragmentierung der Lebensräume, die die Ausbreitung der Wildtiere und den genetischen Austausch zwischen den Populationen verhindert. Wir suchen daher nach Möglichkeiten, die menschliche Landnutzung und die Vernetzung der Landschaft miteinander in Einklang zu bringen.
Was wir tun
Im Rahmen des Forschungsprojekts Rewild_DE und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) sammeln wir mit Hilfe von Kamerafallen Informationen über die Zusammensetzung der Säugetiergemeinschaft der Ueckermünder Heide. Dabei suchen wir auch nach Hinweisen für die Anwesenheit von seltenen oder zurückkehrenden Arten, z.B. Wildkatze und Elch. Anhand unserer Kamerafallendaten ermitteln wir Wildtierkorridore und setzen uns für Wildtierquerungen ein, um Hindernisse in der Landschaft für Wildtiere passierbar zu machen.
Wir arbeiten eng mit der Westpommerschen Naturgesellschaft (ZTP) zusammen, um ihre Arbeit für Wisent, Luchs und Elch zu unterstützen und mehr über Strategien für die Koexistenz von Mensch und Wildtier zu erfahren. So können wir die Rückkehr dieser Arten nach Deutschland vorbereiten.
Nur ca. 13% der globalen Meeresfläche ist noch „wild“ und damit den negativen Einflüssen menschlicher Aktivitäten nicht oder nur geringfügig ausgesetzt – nicht einmal 5% der marinen Wildnis befindet sich innerhalb von Schutzgebieten. Mit unseren Projekten im marinen Rewilding setzen wir uns deshalb für die Förderung natürlicher Erholungsprozesse durch Nullnutzungszonen, d.h. den Ausschluss umweltschädlicher Aktivitäten aus Meeresschutzgebieten ein. Außerdem unterstützen wir Maßnahmen zur aktiven Wiederansiedlung und Renaturierung von marinen Arten und Lebensräumen in der südlichen Ostsee.
Marine Ökosystemleistungen
Meeres- und Küstenlebensräume wie Seegraswiesen und Salzwiesen gewinnen durch ihre Funktion als Kohlenstoffspeicher zunehmend an Bedeutung für den natürlichen Klimaschutz. Doch sie erfüllen viele weitere wertvolle Leistungen wie sauberes Wasser, Steigerung der Artenvielfalt und Sicherung von Fischereierträgen. Intakte Meere und Küsten sind essenziell für unser soziales und wirtschaftliches Wohlergehen, da sie eine Vielzahl sogenannter Ökosystemleistungen bereitstellen, darunter:
KÜSTENSCHUTZ
Schutz vor Überschwemmungen und Landabtrag
KULTURERBE
Ort für Tourismus, Freizeit und Erholung
NAHRUNG
Proteinquelle; Lebensraum für Speisefische und Meeresfrüchte
GESUNDES KLIMA
Regulierung des globalen Klimas
KOHLENSTOFFSENKE
Speicherung von Kohlenstoff aus der Luft
Der Zustand der Ostsee
Die Ostsee befindet sich wie auch andere Meere und Küsten weltweit durch starke Übernutzung in einem schlechten ökologischen Zustand. Auch die Lebensräume der Pommerschen Bucht und des Greifswalder Bodden sind durch Überfischung, Eutrophierung und Verschmutzung stark degradiert und ihre Widerstandsfähigkeit gegen kumulative Stressfaktoren und die Klimakrise dadurch dezimiert. Marines Rewilding, d.h. Schutz, Erhalt und Wiederherstellung der Ostsee-Lebensräume mitsamt ihrer Ökosystemleistungen, ist daher aktiver Klimaschutz und kann nicht nur zur Milderung klimabezogener, sondern auch ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Herausforderungen beitragen.
Was wir tun
Strandbrüter wie Zwergseeschwalbe und Sandregenpfeifer sind wegen des Massentourismus (v.a. Badetouristen) regional stark gefährdet. Deshalb sollen auf der Insel Ruden ungestörte Brutplätze wiederhergestellt werden – mit Sandsediment aus ohnehin notwendigen Ausbaggerungen von Wasserstraßen. Dank der Unterstützung der Deutschen Postcode Lotterie wurde aktuell eine Kartierung der gesetzlich geschützten Biotope wie Riffe und Seegraswiesen durchgeführt, um die Sandhabitate vorzubereiten.
Welche Vorteile bringt die Wiederherstellung von Ökosystemen im Meer und an der Küste der deutschen Ostsee? Wir stellen den aktuellen Wissensstand zu Wiederherstellungsmaßnahmen von Ökosystemen in und an der deutschen Ostsee und den daraus resultierenden Ökosystemleistungen bereit. Damit möchten wir die Akzeptanz für die Umsetzung zukünftiger Maßnahmen auf gesellschaftlicher und politischer Ebene erhöhen. Hierfür führen wir unter anderem Workshops mit verschiedenen Interessensgruppen durch und veröffentlichen Informationsmaterial und Handlungsempfehlungen. Im Fokus stehen vier der bedeutendsten Ökosysteme der deutschen Ostsee und ihrer Küsten: Sandlebensräume, Salzgrasländer, Seegraswiesen und Riffe.
Eine naturbasierte Wirtschaft ist eine Wirtschaft, in der die miteinander verbundene Produktion und der Konsum von Gütern und Dienstleistungen den Naturschutz und die Regeneration fördern. Wildtierbezogene Unternehmen und Netzwerke kommen der lokalen Bevölkerung zugute, und bieten Arbeitsplätze und Einkommen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb die Region von der industriellen Entwicklung weitgehend unberührt. Auch heute noch sind große Teile ungestört, unzerschnitten und dünn besiedelt, was ideale Lebensbedingungen für wild lebende Tiere und den Schutz des natürlichen Klimas bietet. Diese einzigartige natürliche Umgebung bietet zahlreiche Möglichkeiten für eine naturbasierte und lokale wirtschaftliche Wertschöpfung.
Da die zunehmende Zahl von Wildtieren die Grundlage für ein unverwechselbares und vielfältiges Tourismusangebot bildet, wird das Oder-Delta zunehmend attraktiv für den europäischen Naturtourismus. Neben idealen Bedingungen für Vogelbeobachter sind es auch die Big 7 – emblematische Arten des europäischen Naturerbes – die nunmehr immer häufiger im Oder-Delta vorkommen.
Was wir tun
Wir unterstützen (neue) Unternehmen, die sich auf Naturführungen, Unterkünfte, Transport, Gastronomie, Wildtier-Hides und lokale Produkte konzentrieren. Dabei arbeiten wir mit einem breiten Spektrum von Interessenvertretern und Mitgliedern der lokalen Gemeinschaften zusammen, um qualitativ hochwertige, marktfähige Produkte und Dienstleistungen (Wildtiertourismus) auf dem Land zu schaffen. So kann die Beteiligung an den langfristigen Zielen von Rewilding OderDelta erhöht werden.
Der soziale Zusammenhalt kann verbessert werden, wenn lokale Unternehmen Netzwerke aufbauen und Multiplikatoreffekte erzeugen. Deshalb gründeten wir das Oder Delta Network und stärken das Netzwerk der Naturführer, indem wir Fortbildungskurse und Möglichkeiten zur Vernetzung und zum Austausch anbieten.
Durch den Aufbau einer Gemeinschaft gleichgesinnter Unternehmen wollen wir:
- ein stärkeres Geschäftsumfeld fördern, das Kooperation statt Wettbewerb begünstigt,
- die Vermarktung der Region erleichtern und ihre kulturellen und natürlichen Werte fördern,
- die lokale Wirtschaft bei der Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle unterstützen, die mit den Rewilding-Prinzipien im Einklang stehen,
- Partnerschaften zwischen touristischen Einrichtungen fördern, um neue touristische Angebote zu schaffen.